Baked Beans gehen immer...

Das Fräulein Ziii geht derzeit eigene kulinarischen Wege und versorgt sich quasi selbst. Wie gerne würde ich Ihnen an dieser Stelle berichten, dass ich meine Aufgabe als Mutter bravourös gemeistert habe und mein Kind zu einer kulinarisch interessierten, ökologisch denkenden jungen Dame mit einem gesunden Maß an Ernährungsbewusstsein erzogen habe. Dass ich derart abloosen werde, hätte ich nicht gedacht. Mein Apfel, der nicht weit vom Stamm hätte fallen sollen, muss von einem mächtigen Seitenhieb getroffen worden sein, denn er hat die vorgesehene Flugbahn verlassen und segelt gerade in hohem Bogen über den Gartenzaun in die Gstetten hinein. Beobachte ich des Fräuleins aktuelle Ernährungsgewohnheiten, legt sich meine Stirn sorgenvoll in tiefe Falten. Glutamatverseuchtes Asia-Junkfood, schlabbrige Burger diversere Fastfoodketten, Supermarkt-Sandwiches mit schwammigem Industriebrot... kurzum... die totale kulinarische Entgleisung ist gerade angesagt und es wird nicht ein einziges Mal nachgefragt, wo oder wie das Essen in der Papierschachtel gewachsen ist oder gelebt hat.

Nicht, dass Sie jetzt denken, ich wäre eine Heilige. Für Slowfood ist nicht immer Zeit und ich erliege der Versuchung auf schnellem Weg Essen zu besorgen, leider allzu oft und gerne. Aber zwischendurch gibt es doch öfter mal etwas Gescheites. Vor allem dann, wenn ich die Gelegenheit habe ohne viel Aufwand richtig gutes Essen zu bekommen. Das Fräulein hingegen verlässt lieber hungrig das Haus um sich unterwegs zu versorgen, als auch nur einen Bissen von dem zu essen, was in unserer Küche entsteht. Sie möge mir bitte wöchentlich eine Einkaufsliste zukommen lassen, lautete daher mein Wunsch, denn ich wollte dafür sorgen, dass im Kühlschrank alles da ist, was das Fräulein braucht, um sich selbst hin und wieder etwas Anständiges kochen zu können, das ihr schmeckt. Ja eh super, meinte sie und schreibt nun mit Beharrlichkeit Woche für Woche Bohnen und Toastbrot auf die Liste. Gemeint sind Baked Beans, die amerikanischen Kultbohnen aus der Dose und nur die. Bohnen in Ketchupsauce also. Picksüß, für Jahrzehnte konserviert, alsdann aufgewärmt und nur original, wenn mit watteweichem und ebenso gesüßtem Industriebrot serviert. Versuche, dem Fräulein wenigstens solche mit weniger Zucker aus Bioanbau und aus dem Glas unterzujubeln, sind gescheitert und Vollkorntoast kann von ihr aus auch verwesen. Die Weitergabe von Werten durch Sozialisation in der Familie ist fehlgeschlagen. Erziehung durch die Eltern wird heutzutage überbewertet. (Nachtrag: Noch ist nicht alles verloren! Wie ich aus den vielen Kommentaren herauslesen kann, gibt es Hoffnung. Es scheint sich nur um eine Entwicklungsphase zu handeln :-)

Das folgende Rezept archiviere ich in der Hoffnung, dass sich mein Äpfelchen irgendwann doch besinnt und die Kurve nimmt. Baked Beans im Sinne des American Way of Life sind es zwar keine, aber eine moderne und unkomplizierte Variante... ernährungsphysiologisch völlig unbedenklich... zum Frühstück oder auch so... Baked Beans gehen immer.


Heiße Bohnen mit Stunden-Ei und Knuspersalz

Ich schrecke bei diesem Rezept nicht davor zurück auch im Winter frische Tomaten zu verwenden. Die Art der Zubereitung macht es möglich. Achten Sie aber darauf, halbwegs ausgereifte zu bekommen, die nicht um die halbe Welt geschifft wurden. Ich verwende um diese Jahreszeit, wenn schon, dann stets Kirschparadeiser aus italienischem Bioanbau. Die kleinen Früchte sind im Winter nicht so wässrig und haben etwas mehr Geschmack als ihre großen Kollegen.
Für die Zubereitung der Stunden-Eier empfielt sich ein Dampfgarer. Mehr zu diesem Thema finden Sie im Frühstückskapitel meines Kochbuchs. Alternativ können Sie auch pochierte Eier oder Spiegeleier servieren. Entscheiden Sie selbst.

(Rezept für 4 Personen zum Frühstück oder für 2 Portionen als Hauptgericht)

  • 4 Eier
  • 500 g Kirschparadeiser (Cocktailtomaten)
  • 2 Knoblauchzehen
  • 1 kleine rote Chilischote
  • 4 EL Olivenöl (mindestens!)
  • 2 TL milder Apfelessig
  • 1 EL brauner Zucker
  • 2 EL Wasser
  • Salz
  • grob gemahlener schwarzer Pfeffer
  • 2 Zweige Basilikum oder mehr
  • 1 Dose Riesenbohnen (ca. 400 g) oder ersatzweise auch kleine weiße Bohnen



















Zubereitung

1 Die Eier bei 65°C 1 Stunde in den Dampfgarer legen und anschließend bei 60° C warmhalten. Pochierte Eier oder Spiegeleier bereiten Sie erst später zu.

2 Größere Paradeiser halbieren, kleinere ganz lassen und mit einem Messer anstechen. Den Knoblauch mit einer breiten Messerklinge andrücken. Die Chili der Länge nach einritzen. Einige Basilikumblätter anzupfen und für die Garnitur beiseite legen. Das restliche Basilikum samt Stängeln, Knoblauch und Chili zusammen mit den Paradeisern in eine Rein geben. Mit Olivenöl und Essig übergießen und mit Zucker bestreuen. 2 EL Wasser dazugeben, salzen, pfeffern und gut durchschwenken. Die Kräuter sollten danach am Topfboden liegen.

3 Im nicht vorgeheizten Backrohr bei 200 Grad Ober-Unterhitze ungefähr 50 Minuten backen (oder 35 Minuten bei 180° C Heißluft)

4 Die Bohnen in einem Sieb abtropfen lassen und vorsichtig unter die Paradeiser mischen. Zurück in den Ofen schieben und weitere 10 Minuten backen (ohne Heißluft).

4a Wenn Sie sich für pochierte Eier oder Spiegeleier entschieden haben, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt um diese zuzubereiten.

5  Für die Stunden-Eier eine Schüssel mit heißem Wasser vorbereiten. Die Eier aus dem Dampfgarer nehmen, aufschlagen und in die Schüssel gleiten lassen. Den festen Teil mit einem Löffel herausheben und und vorsichtig in den Topf mit den Bohnen setzen. Oder Sie servieren gleich portionsweise in Schüsseln.
Mit dem restlichen Basilikum behübschen und großzügig mit Knuspersalz (siehe weiter unten) bestreuen. Gebratener Speck dazu wäre sicher auch kein Fehler.

Tipp 

Um die Bohnen mit mehr Sauce zu umschmeicheln, mischen Sie unter die frischen Kirschparadeiser noch einige Esslöffel passierte.

Würziges Knuspersalz

Das Rezept ist als Tugend aus der Not entstanden und eine gute Möglichkeit Reste von Toastbrot zu verarbeiten, die sich bei uns unweigerlich ansammeln. Es hält sich in einem Schraubglas längere Zeit, vorausgesetzt das Brot ist gut durchgetrocknet. Das Knuspersalz lässt sich vielseitig verwenden und würzt nicht nur Frühstückseier, sondern auch Salate oder Gemüsesuppen und eignet sich wunderbar zum Bestreuen von einfachen Pastagerichten.

  • 6 Scheiben Toastbrot oder altbackenes Weißbrot
  • 2 EL Olivenöl
  • 1 EL Koriandersamen
  • 1 gestrichener EL Fleur de Sel maximal (und kein anderes), fangen sie lieber mit 2 TL an
  • grob gemahlener schwarzer Pfeffer

Vom Toastbrot die Rinde abschneiden. In Stücke teilen und in einem elektrischen Zerkleinerer krümelig häckseln. Nicht zu fein! Die Koriandersamen mit einem Mörser grob zerstoßen und unter die Brösel mischen. Mit Olivenöl übergießen und gut vermengen. Im Backrohr bei 200°C und mit starker Oberhitze ca. 10 Minuten goldbraun rösten. Auskühlen lassen und anschließend mit dem Zerkleinerer zu groben, knusprigen Bröseln verarbeiten. Das Salz untermischen (langsam vortasten) und mit Pfeffer würzen.

Wenn es Sie jetzt nach mehr Frühstücksrezepten im amerikanischen Stil verlangt, womöglich für einen ganzen Familienbrunch, finden Sie einige davon in der aktuellen Ausgabe des Merkur Friends-Magazins zu dem ich ein paar Seiten beitragen durfte. Lust auf kinderleichten French Toast mit Äpfel aus dem Backofen oder Karamellshake mit Zimtschaum, samt Anleitung für Langschläfer? Dann schauen Sie mal dort auf den Seiten 58-63.


Lieben Gruß aus Wien,


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